samstagabend. mein seit wochen vehement verteidigter entspannungsplan
ist zu diesem zeitpunkt bereits so sehr gescheitert, wie selten
etwas zuvor: seit donnerstag habe ich ununterbrochenes programm
und ich habe gerade mal eine stunde schlaf bekommen.
die casa kiehlufer wird inzwischen von frank und mir und
meiner freundin und ihrem begleiter bewohnt (deren hotel in kreuzberg
(motel
one in der prinzenstr.) so abartig ekelig war, dass
ich nicht anders konnte, als sie mit offenen armen als meine gäste
zu empfangen).
inzwischen macht es einfach nur noch spaß, auch wenn an
entspannung ist nicht mehr zu denken ist. das gesamte konzept
hat offensichtlich von anfang an nicht zu mir gepasst.
um zwanzig uhr werden wir von k. abgeholt. der abschied von unseren
gästen ist mehr als herzlich. ein kleiner teil von mir würde
inzwischen doch ganz gern in berlin bleiben... unser vierter mitfahrer,
dj dr. mc coy, hat kurzfristig eine andere mitfahrgelegenheit
gefunden und so machen wir uns zu dritt entspannt auf den weg
nach dessau.
ich bin mal wieder der scout, was zu diesem zeitpunkt noch nicht
viel sinn macht, denn die überflüssigen anweisungen
des routenplaners machen meinem übernächtigten hirn
zu schaffen. so begnüge ich mich mit mehr oder weniger sichere
weisungen auf drängende nachfragen, die sich, bis auf zwei
fälle, auch als richtig erweisen.
der sehr nervöse partyveranstalter ruft im halbstundentakt
an und erwartet genaue anreisezeitpunkte. k. gibt eher allgemeingültige
antworten, die sich im nachhinein als absolut treffend erweisen
- wir sind ein gutes team.
die gegend wird immer dunkler, ich werde immer müder. als
wir die autobahn an der abfahrt dessau ost verlassen, sehen wir
(vor großer dunkelheit dahinter) genau ein möbelhaus,
eine tankstelle, einen mc donalds - und ein etap-hotel. und genau
dort müssen wir hin. yeah!!
auf dem parkplatz angekommen steige ich aus und rufe den üblichen
partyruf: "wo sind die nutten und das koks?" und werde
direkt aus einem der fenster zur ruhe gerufen: der nervöseste
partyveranstalter aller zeiten bittet um contenance auf dem parkplatz,
die ich ihm gnädig gewähre.
mit einem höflichen gruß und gelassenen mienen passieren
wir den drachen am eingang und steigen in den dritten stock. p.m.
öffnet uns erleichtert (und in unterhose) die tür. wir
rügen ihn für seinen aufzug, beobachten drei jungs beim
duschen und beziehen dann unsere zimmer auf der anderen seite
des flurs: doppelbett, darüber ein einzel-hochbett, eine
winzige dusch-klo-kabine aus einem guss, alles extrem sauber.
schlüssel bekommen wir nicht, die türen sind mit einem
sechsstelligen zugangscode (533945 für unser zimmer) gesichert.
dieses kleine detail könnte noch zu schwierigkeiten führen.
k. bekommt ihr zimmer bei den ersten beiden versuchen nicht geöffnet,
aber mit vereinten kräften meistern wir diese kleine tücke.
zwanzig minuten vor der verbredeten zeit brechen wir spontan und
hastig auf. leider bleibt dabei meine kamera zurück, so dass
ich mit keinen bildern zu den folgenden erlebnissen dienen kann:
wir erreichen den ort des geschehens (dessau hauptbahnhof) gegen
zweiundzwanzig uhr. natürlich ist die party noch im aufbau,
so dass ich gelegenheit habe, mich ein wenig zu orientieren (half
leider nicht). der kleine club (für ca. fünfhundert
gäste) ist liebevoll eingerichtet und ausgesprochen schön
illuminiert. die bar ist noch nicht geöffnet, was k. und
mich nicht daran hindert, den abend mit dem ersten gin tonic (der
ist aber klein! vermutlich brauchen wir ganz schön viele...)
zu eröffnen. offensichtlich trinken wir auf kosten des veranstalters,
denn geld will zunächst niemand von uns... oh je.
noch vor mitternacht ist der laden rappelvoll (genau wie wir)
und uns fallen folgende dinge wieder und wieder auf: wir liegen
außerhalb jeglichen dresscodes, was ganz eventuell daran
liegt, dass wir weder auf große schriftzüge auf jeans
& oberbekleidung noch auf ringelshirts stehen. die männer
sehen fast ohne ausnahme schlimm aus, die mädchen sind leider
weniger hübsch, als im wilden osten erwartet. die stimmung
ist trotzdem gut.
sehr viel später fällt mir auf, dass sich keine ausländer
in dem club aufhalten. als ich dies k. verwundert mitteile, fangt
sie lauthals an zu lachen. "das mag an den ganzen glatzen
liegen! und sie sind auch noch schlecht gekleidet... hey, ihr
ringelnazis!" und während ich sie noch leicht verstört
anschaue, verlässt sie mit kaum wahrnehmbarer schlagseite
unseren platz in richtung bar.
in der nächsten stunde versuche ich zu erfassen, was um mich
herum eigentlich los ist. nach langer, langer zeit fällt
mir auf, dass es nicht nur keine ausländer sindern auch keine
schwulen gibt und dass k. nicht zurückgekehrt ist. inzwischen
macht sich auch leicht bemerkbar, dass ich gefühlte einhundert
gin tonics zu viel getrunken habe. unsere bande macht sich vergeblich
auf die suche; sie bleibt verschwunden. ich mache mich auf den
weg zur toilette, wo ich auf die idee komme, ihr eine sms zu schicken.
zwei betrunkene, ein gedanke: mich erwartet folgende, vor weniger
als zehn minuten abgeschickte nachricht: "wie sieht es aus?
mir ist langweilig. wollen wir gehen?"
"wo bist du?"
"im auto. mir ist kalt."
"sind in 5 min da."
mit kaum messbarer verzögerung verlassen wir den ort des
ringel-unheils. k. hat sich über die wartezeit mit einem
langweiligen hörspiel ausgenüchtert, ich übernehme
wieder die rolle des scouts. diesmal mit selbstvertrauen, denn
die himmelsrichtung, in der sich das hotel befindet, ist mir noch
bewusst. kleine schikanen leiten mich zweimal leicht in die irre,
aber ein hilfreicher taxifahrer bestätigt, dass wir fast
auf dem richtigen weg sind und sendet uns mit einer winzig kleinen
richtungskorrektur zurück zum hotel. wir sehen auf der gesamten
fahrt keinen anderen autofahrer und nehmen keinen einzigen bordstein
mit. dafür richten wir uns nach mittellinien (k.: "das
ist sicherer für uns alle!") und landen erleichtert,
kichernd und ausgehungert vor unserem hotel.
spontan überfallen wir die nahe tankstelle, ich pinkele auf
dem rückweg nicht vor wut über die nächtliche schließung
an die eingangstür von mc. donalds und endlich landen wir
ausgekühlt in unserem hotelzimmer, wo ich mein spontan gekauftes
bier nicht mehr austrinke und relativ schnell in einen beschützten
schlaf falle.
und mit einem üblen kater erwache weil der dj im hochbett
über mir zweimal zart furzt.