-25.09.2005 >>> nächste ausfahrt planet rave

mitternacht. wir treffen uns konspirativ an einer straßenecke und machen uns zu sechst auf den weg zum velodrom. als wir auf das gelände zugehen, komme ich mir vor, wie auf einem fremden planeten: menschenmassen bewegen sich auf gigantische stufen zu, strömen alle in dieselbe richtung. wir erklimmen den wall aus gussbeton und vor uns liegt, wie eine gestrandete untertasse, das velodrom.

velodrom berlin


auf der suche nach dem vip-eingang umrunden wir fast das gesamte gebäude. um uns herum horden von schlechtgelaunten, schlecht gekleideten menschen. viele sind betrunken, einige arg verpeilt. wirklich entspannt ist niemand. am dritten vip-eingang bekommen wir endlich unsere ausweise und betreten die veranstaltungshalle über einen fast roten teppich. billige auslegeware bekommt man leider kaum in leuchtenden farben... drinnen schlägt uns eine wand aus schlechter luft, menschlichen ausdünstungen und frittenfett entgegen. wir steuern als erstes die toiletten an. im mekka der drogendealer der erste, üble abturn: gerade, als ich die tür schließe, geht vor den kabinen ein gebrüll los, fäuste und füße trommeln gegen eine verschlossene kabinentür. "das kannst du nicht machen, du schlampe! gib ihr die zehn euro für das zeug! du kannst nicht das pulver einstecken und dich dann aus dem staub machen. los komm raus! du machst es nur noch schlimmer!" dann treten sie die tür ein und ...klären die sache. als ich aus der kabine komme, traue ich meinen augen nicht: die mädels sind gerade mal volljährig (wenn überhaupt), sehen fertig und kaputt aus. ich verlasse diesen ort.
draußen treffe ich orlando. es sieht mich entsetzt an und raunt mir zu, dass auf dem männerklo marzahner nazis das geschäft an sich gerissen haben. "ich habe gerade ihre freundinnen getroffen." murmele ich, während wir uns auf die suche nach einer bar machen. als wir die arena betreten, geht das chemical brothers set soeben los. es ist kein fuß an die erde zu bekommen, der ring um die bar ist schlecht gelaunte zwei meter dick. sandra schiebt sich todesmutig in die menge, prallt aber sofort zurück. ich rieche es im selben moment: schwaden von konzentrierte patzenpisse dünsten aus einem kerl vor uns. was ist hier los? sandra verzieht die nase. "ein bischen zu viel gezogen, der penner. wie ekelig." wir wechseln den standort. nach einer halben stunde haben wir unsere getränke. die menge tobt. überall dichte marionetten. wir flüchten mit gesenktem blick auf die tribüne.
den rest des sets schauen wir uns von oben an. vor uns die brüstung, hinter uns die dichten kinder, unter uns ein hexenkessel. die musik ist bekannt, die viedeoprojektionen großartig und die menge vor der bühne tobt. was für ein spaß!
nach anderthalb stunden ist der spuk vorbei. kaum ist das set beendet, strömen die leute nach draußen. von oben sieht es aus, als ob jemand einen gigantischen stöpsel gezogen hätte.
wir machen uns mit unseren zynischen kommentaren keine freunde - was uns völlig egal ist. gegen halb fünf verlassen wir den ort des grauens. ich vermeide jeden blickkontakt mit den uns entgegenkommenden leuten. es ist einfach zu gruselig. ich werde nicht sagen, dass früher alles besser war, aber es war definitiv ganz anders. das gestern hatte nichts, überhaupt nichts mit den parties zu tun, die wir früher besuchten. schade.

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