-10.07.2006 >>> das geheime leben

aufgrund eines grippalen infektes habe ich den heutigen tag fast vollständig in meinem schlafzimmer verbracht. die vorhänge wehen wie ein geblähtes segel über mir im wind, ein kühler luftzug umfließt permanent meinen körper. ich leide, schlafe, erhole mich. durch die geöffneten fenster bekomme ich das leben in meinem innenhof hautnah mit: diese geschlossenen, kleinen universen habe ich vor berlin nicht gekannt...
nur ein kleiner teil, der sicher neunzig wohneinheiten, die sich zum hof hin öfnen, hat ein für mich hörbares leben. langsam kann ich die geräusche zuordnen. abgesehen von dem ständig poppenden paar in meinem haus (welches heute nacht zweimal mit lauten schreien schamlos in die nacht explodierte) höre ich ständig technomusik aus ebenfalls meinem haus, eine türkische familie gegenüber hört heimische schlager, beide halten die musik in einer absolut akzeptabelen lautstärke. eine sehr gastfreundliche familie mit balkon gegenüber von meinem schlafzimmer trinkt regelmäßig und viel in den abendstunden mit ihren gästen und dann ist da noch der irre lacher. der irre lacher hat anfälle von heiterkeit, die unglaublich laut sind, aber nicht eine sekunde fröhlichkeit transportieren. der irre lacher lacht, bis er kollabiert oder von besuchern ruhiggestellt wird. sein lachen ist verzweifelt, beängstigend, einsam und traurig. glücklicherweise hat er seine anfälle nur ein bis zweimal am tag. wenn er anfängt, schließe ich meine doppelten fensterflügel für zwanzig minuten, ich ertrage es nicht. anderen geht es ähnlich, während ich noch mit dem wehenden vorhang kämpfe, höre ich, wie andere fenster zuknallen.
eingelullt von den hunderten von vögeln, die den ganzen tag hier singen, schlafe ich immer wieder ein, aber das poppende paar hat mich heute auch tagsüber schon zwei mal geweckt. ich höre sie nicht nur über den hof sondern auch durch die decke. ihre ausdauer und ihr enthusiasmus sind bewundernswert.

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