freitagabend, halb neun. um acht uhr waren wir zum privatkonzert
(bandprobe) eines freundes geladen. mit etwas mühe haben
wir den proberaum der band ohne namen in lichtenberg gefunden.
der hinweis, dass es sich um den keller der ehemaligen österreichischen
botschaft in der ddr handelt, hätte sicher geholfen. pünktlich
wären wir trotzdem nicht gewesen.
gut, dass ich keine hemmungen habe, dunkle, fremde hinterhöfe
zu betreten und gestalten, die aus dem ungewissen hervortreten,
um hilfe zu bitten. dieses mal hatte ich noch mehr glück,
als sonst, denn es handelte sich bei der gestalt um eine äußerst
spärlich bekleidete jägermeister-promotion-tussi, die
nicht nur gutgeformt war, sondern auch wusste, wen sie fragen
musste. f. genoss ihren anblick im plötzlichen, gleißenden
gegenlicht so sehr, dass er sich kaum losreißen wollte.
wir waren bereits im richtigen hinterhof gelandet. ein freundlicher
alter mann wies uns den weg in den verwinkelten keller. die band
hatte bereits ohne uns begonnen, machte aber gerade ihre erste
pause. es waren noch eine handvoll bekannter anwesend, die uns
entspannt aus dem größtenteils original-ost-mobiliar
entgegenlächelten.
ein blondes mädchen im rollstuhl starrte mich merkwürdig
an, als ich die bande begrüßte. rollstuhl? im keller?
ich sah noch dreimal genauer hin, und tatsächlich war es
eine optische täuschung: ein einsamer achtziger-jahre-rohrstuhl
hatte seinen weg nach unten gefunden und täuschte nicht nur
mich, wie ich etwas später herausfand.
während ich noch ungläubig den elenden stuhl anschaute,
sprach mich die blondine an:
- war das eben dein mann?
- nein.
- dein freund?
- ja.
- liebt er dich?
...
ich musste spontan lachen.
- das solltest du lieber ihn fragen.
- ich glaube nicht, dass er dich liebt.
plötzliches schweigen im raum.
während ich noch versuchte zu entscheiden, ob das mädchen
ein generelles oder eher spezielles problem hatte, mischte sich
meine nachbarin in die stille ein und zog das gespräch auf
eine philosophische ebene. das mädchen reagierte nicht und
starrte mich ununterbrochen an, was ich irgendwann ignorierte
(ich hatte mich für "generelles problem" entschieden)
und mich meinen freunden zuwandte.
die band begann wenige minuten später weiter zu spielen und
es folgte die nächste überraschung: der "hausmeister",
der uns die tür geöffnet hatte, entpuppte sich als arschcooler
bassist. es hörte nicht auf, immer besser zu werden: zum
einen war die band richtig gut (der gitarrist war sogar weit mehr
als das), unser freund norbert entpuppte sich als hemmungsloser,
gefühlvoller (lauter!) sänger, dem die eigene stimme
sichtbare gänsehaut über den ganzen körper jagte,
und nach dem dritten song packte uns kleine zuhörerschar
der rockn'roll und wir begannen mitzusingen und zu tanzen - und
das ganze bei gefühlten 130 db(a), also kurz oberhalb der
schmerzgrenze in einem gerade mal 20 quadratmeter großen
raum...
die ganze zeit stand das blonde mädchen neben mir und starrte
mich an.
- warum lachst du? fragte sie plötzlich.
- das wirst du heute noch öfter sehen. war meine leicht abwehrende
antwort.
sie starrte mich weiter an, bis ich mit f. den platz tauschte.
nun war er das opfer.
in der nächsten pause setzte sie sich direkt auf den schoß
des schlagzeugers, und begann, auf höchst unerotische weise,
mit ihm zu knutschen. immerhin konnte ich sie damit ein wenig
einordnen (freundin eines bandmitgliedes). das machte alles ein
wenig ...einfacher.
dachte ich.
was im laufe des abends noch geschah: die band wurde immer besser.
die geschichte das mädchens immer schräger.
es stellte sie heraus, dass sie nicht nur "zugelaufen"
war (einer der gäste hatte sie auf dem weg zur bandprobe
auf der straße um feuer gebeten, und sie war einfach mitgekommen),
sondern auch bei anderen bandmitgliedern eindeutige angebote gemacht
hatte. ...
dann sprach sie mich ein letztes mal an:
- wo wohnst du?
- in neukölln/treptow.
- ist das berlin?
- ja.
- kann ich heute nacht mit zu dir?
...
...
- nein.
- warum nicht?
- NEIN.
der
rest des abends verging mit viel spaß und noch mehr bier,
was sich auf der heimfahrt auf dem fahrrad leider deutlich zeigte.
zum glück stand der mond genau über meinem haus, so
dass ich mich zumindest nicht verfahren konnte.