-03.03.2006 >>> lieber schlaflos als diese träume

freitagmorgen. am späten nachmittag erwartet mich ein besuch meines vermieters wegen all der beschwerden, die ich in den letzten wochen bezüglich meiner wohnung hatte. ich mache mich daran, mein heim in einen ort der absoluten sauberkeit zu verwandeln. auf in den kampf!
mitten im putzwahn klingelt es. vor der tür stehen zwei freunde mit einem wildfremden, durchgeknallten schönling. statt einer begrüßung gibt es den schlachtruf "WOCHENENDPARTYBESUCH!!!!" und leise nachgesetzt: "wir bleiben bis dienstag."
was soll ich machen? ich lasse sie rein.
die bande macht es sich im wohnzimmer bequem und dreht die musik lauter. sehr viel lauter. gerade war ich mit diesem raum fertig, da wird er dekoriert mit ascheschresten und tanzspuren auf dem noch glänzenden fußboden. die frische, reine luft wird verpestet durch niemals verglühende zigaretten. was solls: es ist schließlich wochenende...
ich erkläre kurz, dass ich noch vermieterbesuch erwarte und deshalb im sauberkeitswahn bin. verständnis blickt mir aus sechs tellergroßen augen entgegen.
...
jeder raum, den ich säubere, wird direkt nach meinem verlassen von einem meiner besucher invasiert und subtil verschmutzt. nicht boshaft oder übermäßig - sie hinterlassen einfach liebevoll ihre spuren. sie dekorieren um, verlieren dabei asche oder kleidung, zerfetzen im vorübergehen kissen und decken. in mir baut sich wut auf. unbändige wut...
wieso will ich eigentlich meinem vermieter die perfekte hausfrau vorspielen? weder bin ich es, noch habe ich zeit in meinem alltäglichen leben, dieses zu sein. von lust will ich hier gar nicht sprechen. diese überlegungen zählen aber nicht in träumen wie diesen, also putze und räume ich fleißig weiter im kreis, während die besucherbande, ebenfalls im kreis ziehend, die räume hinter mir verwüstet. warum rauche ich eigentlich nicht mehr?
irgendwann lasse ich mich erschöpft auf das gästebett fallen. einer meiner besucher - und gleichzeitig mein bester freund - liegt bereits dort. wir haben sex, an den ich mich weder dabei noch danach erinnern kann - ich erinnere mich nur an das seelige lächeln des einschlafenden kerls hinter mir und meinem gefühl der ohnmacht: manche aktionen tun einfach nicht not.
wie konnte es nur zu so etwas kommen? staubamnesie?
es hat sicher seinen grund, warum ich mich an nichts erinnern kann.
während ich mich noch über diese überflüssige aktion ärgere, wache ich glücklicherweise auf. es ist nicht mal sechs uhr morgens, aber ganz sicher will ich heute nicht noch einmal einschlafen.

puh!

am abend erzähle ich dieses schräge traumerlebnis meiner liebsten freundin. sie kichert und erzählt mir von einem immer wiederkehrenden traum, den ich hier nicht wiederholen mag. ich bin offensichtlich nicht die einzige, die nachts sehr, sehr schräge dinge erlebt. ein glück!

meine kurze traumrecherche ergab: es gibt personen, die noch intensiver träumen, als ich:
platz eins: meine ma. danke schön! (dieses danke kommt von tiefstem herzen, denn ich kenne niemanden außer mir, der vom lauten lachen in seinen träumen geweckt wird)
platz zwei: meine liebste freundein, denn sie löst probleme, während sie schläft. wer im traum mordet, kann nicht verurteilt werden...
platz drei: unsere italienische praktikantin chiara: sie hat in ihrer heimatstadt parma ein katerchen, welches sie so sehr liebt, dass es in ihren träumen zu einem menschenmann wird, der ihr freund ist.

wer bietet mehr?

später.
schön: einer meiner einhundert marienkäfer zieht gemächtlich seine kreise um meine tippenden finger. die energiesparlampe kann ihn glücklicherweise nicht verletzen.



weniger schön: ich bin so müde, als ob es weit nach mitternacht ist - und die uhr zeigt: 20:39 uhr.
ich arbeite zu viel.

zu meinem feierabend bekam ich im atelier einen anruf aus bankok: "hier ist cora. wie geht es dir? bist du wieder gesund?" (ihre stimme ist tief, seidenweich und fließt durch meine ohren, wie angewärmter honig)
ich erzähle, dass ich nicht wirklich krank war, sondern nur eine erkältung seit wochen verschleppe und einfach mal eine auszeit von achtundvierzig stunden brauchte.
"das muss zwischendurch einfach mal sein. nimm dir genug zeit zum ausspannen."
ich frage nach ihren erlebnissen. "wir wohnen in einem hotel am fluss, im obersten stockwerk. vor mir glitzern dreihundert wolkenkratzer. der verkehr war vor einem jahr schleppend, heute steht er. alles verändert sich, alles ist im fluss - es ist großartig!"
i want to go to asia.

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