freitagmorgen.
am späten nachmittag erwartet mich ein besuch meines vermieters
wegen all der beschwerden, die ich in den letzten wochen bezüglich
meiner wohnung hatte. ich mache mich daran, mein heim in einen
ort der absoluten sauberkeit zu verwandeln. auf in den kampf!
mitten im putzwahn klingelt es. vor der tür stehen zwei freunde
mit einem wildfremden, durchgeknallten schönling. statt einer
begrüßung gibt es den schlachtruf "WOCHENENDPARTYBESUCH!!!!"
und leise nachgesetzt: "wir bleiben bis dienstag."
was soll ich machen? ich lasse sie rein.
die bande macht es sich im wohnzimmer bequem und dreht die musik
lauter. sehr viel lauter. gerade war ich mit diesem raum fertig,
da wird er dekoriert mit ascheschresten und tanzspuren auf dem
noch glänzenden fußboden. die frische, reine luft wird
verpestet durch niemals verglühende zigaretten. was solls:
es ist schließlich wochenende...
ich erkläre kurz, dass ich noch vermieterbesuch erwarte und
deshalb im sauberkeitswahn bin. verständnis blickt mir aus
sechs tellergroßen augen entgegen.
...
jeder raum, den ich säubere, wird direkt nach meinem verlassen
von einem meiner besucher invasiert und subtil verschmutzt. nicht
boshaft oder übermäßig - sie hinterlassen einfach
liebevoll ihre spuren. sie dekorieren um, verlieren dabei asche
oder kleidung, zerfetzen im vorübergehen kissen und decken.
in mir baut sich wut auf. unbändige wut...
wieso will ich eigentlich meinem vermieter die perfekte hausfrau
vorspielen? weder bin ich es, noch habe ich zeit in meinem alltäglichen
leben, dieses zu sein. von lust will ich hier gar nicht sprechen.
diese überlegungen zählen aber nicht in träumen
wie diesen, also putze und räume ich fleißig weiter
im kreis, während die besucherbande, ebenfalls im kreis ziehend,
die räume hinter mir verwüstet. warum rauche ich eigentlich
nicht mehr?
irgendwann lasse ich mich erschöpft auf das gästebett
fallen. einer meiner besucher - und gleichzeitig mein bester freund
- liegt bereits dort. wir haben sex, an den ich mich weder dabei
noch danach erinnern kann - ich erinnere mich nur an das seelige
lächeln des einschlafenden kerls hinter mir und meinem gefühl
der ohnmacht: manche aktionen tun einfach nicht not.
wie konnte es nur zu so etwas kommen? staubamnesie?
es hat sicher seinen grund, warum ich mich an nichts erinnern
kann.
während ich mich noch über diese überflüssige
aktion ärgere, wache ich glücklicherweise auf.
es ist nicht mal sechs uhr morgens, aber ganz sicher will ich
heute nicht noch einmal einschlafen.
puh!
am
abend erzähle ich dieses schräge traumerlebnis meiner
liebsten freundin. sie kichert und erzählt mir von einem
immer wiederkehrenden traum, den ich hier nicht wiederholen mag.
ich bin offensichtlich nicht die einzige, die nachts sehr, sehr
schräge dinge erlebt. ein glück!
meine
kurze traumrecherche ergab: es gibt personen, die noch intensiver
träumen, als ich:
platz eins: meine ma. danke schön! (dieses danke kommt von
tiefstem herzen, denn ich kenne niemanden außer mir, der
vom lauten lachen in seinen träumen geweckt wird)
platz zwei: meine liebste freundein, denn sie löst probleme,
während sie schläft. wer im traum mordet, kann nicht
verurteilt werden...
platz drei: unsere italienische praktikantin chiara: sie hat in
ihrer heimatstadt parma ein katerchen, welches sie so sehr liebt,
dass es in ihren träumen zu einem menschenmann wird, der
ihr freund ist.
wer
bietet mehr?
später.
schön: einer meiner einhundert marienkäfer zieht gemächtlich
seine kreise um meine tippenden finger. die energiesparlampe kann
ihn glücklicherweise nicht verletzen.
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weniger schön: ich bin so müde, als ob es weit nach
mitternacht ist - und die uhr zeigt: 20:39 uhr.
ich arbeite zu viel.
zu meinem feierabend bekam ich im atelier einen anruf aus bankok:
"hier ist cora. wie geht es dir? bist du wieder gesund?"
(ihre stimme ist tief, seidenweich und fließt durch meine
ohren, wie angewärmter honig)
ich erzähle, dass ich nicht wirklich krank war, sondern nur
eine erkältung seit wochen verschleppe und einfach mal eine
auszeit von achtundvierzig stunden brauchte.
"das muss zwischendurch einfach mal sein. nimm dir genug
zeit zum ausspannen."
ich frage nach ihren erlebnissen. "wir wohnen in einem hotel
am fluss, im obersten stockwerk. vor mir glitzern dreihundert
wolkenkratzer. der verkehr war vor einem jahr schleppend, heute
steht er. alles verändert sich, alles ist im fluss - es ist
großartig!"
i want to go to asia.