bonk.
bonk.
bonk.
BONK.
mit mühe öffne ich meine augen. es beginnt gerade zu
dämmern. mit einem auge schiele ich nach meinem handy. die
uhr darauf sagt: es ist sonntagmorgen, 6 uhr 17.
BONK. BONKBONKBONKBONKBONKBONK BOOOONKKK. meine pflanzen wackeln.
durch die dünne decke höre ich nur leicht gedämpftes
kindergekicher.
ich ziehe mein dickes federkissen über meinen kopf. es ist
zwecklos: das trampelkind ist so in fahrt, dass nicht nur meine
pflanzen und die lampe, sondern auch mein spiegel bedenklich zu
wackeln beginnt.
es reicht. mein normalerweise unendlich langer geduldsfaden ist
gerissen und seine enden rollen sich immer enger zu kleinen schnecken
zusammen.
BONK. bonk. bonkbonk bonk bonk bonk bonk bonk.
mit zusammengezogenen brauen und gerunzelter stirn schleppe ich
mich ins bad und reibe meine augen mit zwei winzigen tropfen kalten
wassers klar. wirklich fit sehe ich nicht aus, aber wer will das
schon an einem sonntag vor sonnenaufgang? der mop auf meinem kopf
wird mit einem gummiband gebändigt. meine zähne putze
ich schnell, ziehe mir eine hose, turnschuhe und eine kaputzenjacke
an, schnappe eine tasse aus der küche und meinen schlüssel
von seinem haken und verlasse meine wohnung. ich habe es nicht
weit: um 6 uhr 43 klingele ich an der wohnungstür der mieter
über mir. das trampeln stockt. ansonsten keine reaktion.
ich klingele wieder, diesmal etwas länger. kinderschritte
nähern sich zaghaft der tür. wie - dieses kind kann
leise gehen? es hat gar keine behinderung, welche es zum lärm
machen zwingt? ich versuche, meine sich wieder runzelnde stirn
zu glätten, aber es ist zwecklos. noch immer ist die wohnngstür
geschlossen und ich höre keinen laut mehr. ich bilde mir
ein, das trampelkind auf der anderen seite der tür atmen
zu hören, aber das ist nur mein jetzt überwacher geist.
bonk.bonkbonkbonk. bonk. bonk.
das kind entfernt sich wieder von der tür. es hat alle vorsicht
vergessen und der boden bebt unter meinen füßen. es
reicht mir. ich klingele wieder, diesmal lasse ich den finger
auf dem knopf. drrrrrrriiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiinnnnng.
es tut sich was auf der anderen seite! das kind kommt näher
(ich kann es unter meinen füßen spüren) und jemand
nähert sich, lauter fluchend als die schrille klingel, der
tür. ich nehme den finger vom knopf. durch die plötzliche
stille klingt der sich drehende schlüssel überlaut.
die tür öffnet sich mit einem ruck und aus dem türspalt
ergießt sich zunächst übel riechende luft: paviankäfig
gepaart mit kaltem zigarettenrauch. hinter dem türspalt ein
blasses, faltiges, übernächtigtes gesicht mit bartstoppeln.
""WAS IST DEIN PROBLEM?????" schreit mich eine
schlafrauhe stimme an. ich wende spontan und ruckartig mein gesicht
vor dem stinkenden atem ab und versuche, ohne hinzusehen, meine
tasse zu den schmalen türspalt zu schieben. leider ohne erfolg.
der mann hält von innen dagegen.
"ich hätte gern meinen kaffee." sage ich ohne zu
lächeln.
stille.
verklebte augen starren mich verwirrter als wütend an.
das blasse männergesicht holt tief luft, öffnet den
mund und will losbrüllen.
mein leerer magen würde diesen geruch nicht ertragen, also
schneide ich ihm das wort ab, bevor es beginnt. "da ich jeden
morgen von eurem polternden kind geweckt werde, ist es ja wohl
legitim, mit einem kaffee von euch in den tag zu starten."
die tür wird vor meiner nase zugeschlagen. nach einem kurzen
moment klingele ich noch einmal. keine reaktion. ich stelle die
tasse auf der fußmatte ab und gehe zurück in meine
wohnung.
die wohnungstür schließe ich hinter mir ab. sicher
ist sicher. auf dem kurzen weg ins wohnzimmer höre ich von
oben ein zaghaftes bonk. dann einen gedämpften ruf. relativ
leises bonk bonk bonk. meine planzen erzittern nur ganz leicht.
BONK! erregtes maulen. dann stille. zaghaft knarren über
mir die dielen. bonkBONNK. ein erwachsener springt durch die wohnung,
schreit ein kind an, es soll endlich ruhe geben, dann wird dasselbe
kind vermutlich kurz geschlagen und beginnt zu heulen. erneut
erregtes maulen. das heulen wird leiser. noch einmal geschelte,
dann ist ruhe.
ruhe...
unglaubliche, wunderbare, großartige, allumfassende ruhe.
ich lasse mich halb angezogen aufs bett fallen. von dem fast unhörbaren
schluchzen aus der wohnung über mir werde ich in den schlaf
gelullt. meine letzten gedanken gelten dem trampelkind, dem ich
eigentlich keinen schaden zufügen wollte, aber es ist zu
früh, um sich über anderer leute erziehungsmaßnahmen
den kopf zu zerbrechen. ich schlafe ungestört ein.
viel,
viel später:
gut gelaunt und von allein erwache ich gegen zehn. um mich herum
herrscht nach wie vor stille. mit viel mühe kann ich leises
gemurmel von oben hören. dann schritte, die so vorsichtig
sind, dass sich meine deckenlampe nicht mal bewegt. lächelnd
starte ich ein zweites mal mit einem genüsslichen frühstück
im bett in diesen sonntag.
noch
etwas später:
gut, dass die rote farbe endlich alle ist, ansonsten hätte
ich weitere zwei tage lang durchgestrichen. alle renovierungsarbeiten,
die ich verschämt wochenende um wochenende aufgeschoben hatte,
sind endlich erledigt. flur und bad sind gestrichen, alle türen
und fenster lackiert und dann all die millionen flecken, dich
ich beim durchschnittlichen fleißig sein um mich und auf
mir verkleckere, sind abgekratzt und die reste beseitigt.
die
sonne scheint so strahlend in meine frische wohnung, dass ich
fast in versuchung bin, noch fenster zu putzen, um das gesamtbild
zu perfektionieren. aber das spare ich mir lieber für den
hoffentlich bald kommenden, mit dem ungeliebten frühjahrsputz
verbundenen frühlingsbeginn auf.
ich werde wohl eher mal wieder meine umzugskartons und schubladen
nach dingen durchforsten, die ich entsorgen kann. mein herz hängt
glücklicherweise nicht an erinnerungsstücken, ansonsten
wäre meine wohnung zu klein. mein herz hängt an meinen
aufzeichnungen, deshalb sind meine bücherregale so groß.